Es ist vollbracht – Olivenernte 2013

Dieses Jahr haben wir die Plackerei auf Ende September vorgezogen. Das hat zum einen zeitliche Gründe, zum anderen wollten wir ausprobieren, ob unser Olivenöl dadurch noch aromatischer wird. Das Öl unserer Bäume hatte bisher immer einen sehr milden, buttrigen Geschmack. Eine wunderbare Qualität! Aber noch lieber mögen wir persönlich einen kräftigen, fruchtig-grasigen Geschmack.

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Wie wird es werden dieses Jahr? Welche Farbe wird es haben?

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An unsere Bäume kommt nichts, sie werden komplett naturbelassen – sieht man einmal von den Plastikflaschen ab, die wir mit Wasser und jeweils einer Sardine befüllen. Der Geruch – wenn der Fisch sich zersetzt –  zieht nämlich die Olivenfliege an, einen fiesen kleinen Schädling, der es den Olivenbauern in diversen Jahren recht schwer macht. Als wir ankommen und alles vorbereiten haben wir 27 Grad, einen azurblauen, wolkenlosen Himmel und fetten Sonnenschein. Es ist das erste Mal in all den Jahren, dass wir im T-Shirt und kurzen Hosen ernten. Also flugs die Netze unter den Baum gelegt,

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und das Werkzeug bereit gestellt. Natürlich ernten wir von Hand, Giuseppe streift die Oliven von Hand vom Ast ab, ich benutze den Rastrello, einen grobzinkigen Kamm und kämme damit Zweig für Zweig aus.

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Die Aufgaben sind klar verteilt: Die Kleinwüchsigen mit Höhenangst (Giuseppina, bezieht sich auf alles oberhalb der Kniehöhe) ernten innen und im unteren Bereich, die großen Helden (Giuseppe, 1,86m, schwindelfrei) lehnen die Leiter schlicht und ergreifend an die Baumkrone und lassen dort oben möglichst keine Olive am Baum.

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Die Sonnenbrillen erhöhen natürlich nicht nur den Coolness-Faktor, sondern schützen in allererster Linie unsere Augen vor herabfallenden Oliven oder schnappenden Zweigen. Da haben wir schon so unsere schmerzhaften Erfahrungen gemacht.

Wenn der Baum abgeerntet ist, werden die Oliven im Netz zusammengeschüttet und grob von Zweigen oder sonstigen wesensfremden Elementen befreit. Heute hat sich eine kleine neugierige Eidechse in den Maschen verirrt und ist in Panik geraten. Also, Netz lüpfen und sanft zum Ausgang lotsen…

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Und auch sonst tummeln sich bei uns illustre Zaungäste, wie die wunderschönen Gottesanbeterinnen…

gottes anbeterin

Apropos wesensfremd: Das führt mich direkt zu unserem faulsten Erntehelfer. Gatto hält sich für eine Sphinx und ist der Meinung, das Wesen der Arbeit bestehe in seiner bloßen Anwesenheit. Er liebt es, auf seine unvergleichlich elegante Art Arbeitsabläufe zu behindern.

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Seinen Platz mitten im Netz ist er erst bereit aufzugeben, als ihm ein paar der herabfallenden Früchte auf’s edle sphinxische Haupt fallen. Da heisst es dann hektisch die Augen öffnen und wegbuckeln. Was er erntet bestimmt er übrigens selbst, und das sind ausschliesslich Streicheleinheiten.

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Die Oliven füllen wir jetzt in Kisten, dieses Jahr ist die Ausbeute wesentlich geringer als sonst. Nur 11 Kisten sind es geworden, in guten Jahren ernten wir 20. Einen Baum haben wir allerdings nicht angerührt: Ein Schwarm Hornissen hat dort sein Nest gebaut. Den ganzen Sommer hatten wir durchaus ein ungetrübtes, nachbarschaftliches Verhältnis. Hornissen sind sehr friedliche Insekten und wir konnten sogar neben dem Baum draußen essen. Man hat sich gegenseitig zwar beäugt, aber in Ruhe gelassen (aham, aha, ahum, un‘ wer bist Du? Ich? Angenehm: Mensch und Du? Brrrrssssss, ich Hornisse. Wirst Du mir auf den Sack gehen? Ich? Nein! Gut, aha, ok, muss weiter, also ciao! Ciao!). Beim heutigen & einzigen Versuch allerdings, die zugänglichsten Oliven dieses Baumes zu ernten, schickt die dicke Königin sofort ein paar ihrer muskelprotzigsten Arbeiterinnen, die tsssummmm, zisch, brrrrummmm direkt um unsere Köpfe fliegen und unmissverständlich klarmachen, dass niemand an ihrem Palazzo zu kratzen hat! Ok ok, schon verstanden, wir ziehen uns maulend zurück… Kann man ja irgendwie verstehen…

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Drei Tage ernten wir. Auf und nieder, immer wieder. Arme hoch, Arme runter. Und jeden Abend tut uns alles weh. (Beim Mittvierziger sind das gemeinhin das Kreuz, die Arme, die Beine, der Kopf und die Glieder…). In aller Regel schlafe ich gegen 21.00h vor dem Fernseher ein, zack und weg, Thriller hin oder her. Ein gutes Gefühl ist es trotzdem. Am Montag Nachmittag schließlich um 16.30h haben wir einen Termin bei der Ölmühle – dem Oleificio – quetschen alles in unseren betagten PKW und bringen die Beute zum Pressen.

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(Wer hat da „der Daimler isch doch gnadenlos überlada“ gesagt??)

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Dort werden unsere Oliven zusammengeschüttet und gewogen. Nur 219kg sind es dieses Mal geworden.

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Bis 19.00h wird das kaltgepresste, native Olivenöl (extra vergine :-)) fertig sein. Die Mühle verwertet lediglich unsere Oliven für diese Pressung und schüttet die Lieferungen ihrer Kunden nicht zusammen. Das ist das Tolle hier. Zuerst werden die Früchte gereinigt, die Blätter und Stengel (ich bring das einfach nicht mit „ä“!) werden entfernt. Anschliessend werden sie von einem enormen Mühlstein zermalmt, mitsamt den Olivenkernen. Die entstandene Paste wird auf Scheiben verteilt, die übereinander in einer hydraulischen Presse gestapelt werden. Dort werden sie ganz langsam und mit immensem Druck zusammengepresst. Dabei tritt dann ein Gemisch aus Öl und Wasser aus. Mittels einer Zentrifuge wird das Olivenöl vom Wasser getrennt. Bei uns erfolgt dieser Vorgang durch zwei Zentrifugen, wobei die letzte eine höhere Drehzahl hat – damit das Öl auch ganz rein wird.

Es ist schon dunkel, als wir uns gegen sieben auf den Weg machen, um unser kostbares Gut im Edlestahlbehälter heimholen. Aus besagten 219kg sind heute lediglich 17Liter Öl geworden.

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(Kein Wunder also, dass es als flüssiges Gold bezeichnet wird und gutes Olivenöl seinen Preis haben muss. Nur zur Verdeutlichung lässt sich das an einer äußerst simplen Rechnung veranschaulichen: Es waren in Eigenleistung rund 20 Arbeitsstunden pro Person. Natürlich ist unsere Erntemethode alles andere als wirtschaftlich effizient, aber dennoch. Nun setzen wir einmal hypothetisch ein absolutes Niedriglohnniveau von 5,- Euro pro Stunde an, dann sind wir schon bei 200,- Euro. Hinzu kommt ein recht geringer Betrag für das Pressen plus jahresanteilig die groben Anschaffungskosten für das Equipment (Netze, Rechen, Kisten, Edelstahlbehälter etc…). Auch hier addieren wir bescheidene 50,- Euro und kommen so gesamt auf 250,- Euro reine Kosten. Geteilt durch 17l Öl ergibt das sage und schreibe 14,70 Euro netto! Da wir aber stolz wie Bolle auf unser selbst hergestelltes Öl sind, ist dies natürlich für uns zweitrangig. Sagt aber viel über die Olivenölpreise auf dem Markt aus…)

Es ist jedes Mal wieder ein ergreifender Moment: Das Abzapfen des allerersten Tropfens Olivenöl! Welche Farbe wird es haben, ist es mild oder pikant? Grasig, buttrig, etwas bitterer, mit Pfeffernote beim Abgang?  Flasche füllen, die letzten Tropfen mit den Fingern auffangen und sofort kosten! Es ist im Keller recht dunkel, die Farbe ist deshalb noch schwer zu beurteilen:

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Geschmack? Wahnsinn! Top Qualität, intensiver als sonst, herrliche, leicht scharfe Note zum Schluss! Ab zur Glühbirne, wie ist die FARBE????

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Grün! Aber sowas von!!! Eine solche Farbe hatten wir noch nie, das sieht fast aus wie Sirup! Wir sind total begeistert. Das neue Olivenöl feiern wir jedes Jahr auf die gleiche – sehr einfache – aber umwerfend leckere Weise: Frisches Weißbrot aufschneiden, etwas Olivenöl darüber gießen, mit grobem Meersalz bestreuen, Tomaten aus dem eigenen Garten und ein Glas besten Rotwein dazu.

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Mmmh, dafür lassen wir jedes 5-Sterne Menü stehen!