Olivenernte 2015 – grünes Gold & lahme Arme

Wir erhalten einen Anruf. Die fiese Olivenfliege schlägt in unserer Gegend wieder zu! Jetzt heisst es schnell sein und sofort nach Italien fahren. Schon letztes Jahr hat diese abgefeimte Fliege alle Oliven darniedergemetzelt und als wir ankamen, lagen bereits alle Früchte angebohrt am Boden. Mit der missratenen, sich windenden Brut darin. Nun bin ich ja sowieso insektophob – aber dieses Geschöpf kann ich noch weniger leiden als Spinnen, Stechmücken und Stinkwanzen. Wir ernten von Hand – alle 15 Bäume und es ist eine elende Plackerei :-). Ganz im Ernst, wer es einmal gemacht hat, weiß wovon ich spreche. Aber der Moment, DER Moment, wo Du Dein Öl aus der kleinen Mühle abholst, nach Hause fährst, ein kleines Fläschchen abfüllst, die Farbe kontrollierst, es auf krosses, frisches Weissbrot träufelst und es probierst – dieser Moment ist unvergleichlich und macht alles wieder wett.

Und so auf den ersten Blick sieht das heuer sogar nach fetter Beute aus.

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Olivenernte 2015: Es ist acht Uhr morgens und es geht los! Die letzten Tage hat es geschüttet wie aus Kübeln, das macht ein Ernten unmöglich. Aber nun sind 2 schöne Tage angesagt und in denen müssen wir fertig werden!

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Netze klarmachen,

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unter den Bäumen ausbreiten und den Gatten die Leiter raufschicken. Denn wie auch schon beim letzten Mal bleiben die Kleinen mit Höhenangst am Boden und arbeiten sich aus dem Inneren der Bäume nach außen :-). Ist im Übrigen keiner Frisur zuträglich – nach tausendfachem Hängenbleiben in den Zweigen stehen mir nach jedem Baum hunderte von Haarantennen vom Kopf ab…

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Wenn etwas los ist, darf natürlich auch unser Kater Gatto nicht fehlen. Entweder sollen seine Bediensteten (wir!) ihm etwas Exquisites zu essen geben (in 10 Jahren haben wir ihn noch NIE eine Maus oder sonst irgendeine Lebendbeute fangen oder verspeisen sehen!), oder wir sollen für ihn arbeiten und sein Landgut in Schuss halten. Natürlich überwacht er das Ganze, das versteht sich! Vielleicht machen die Schreibtischtäter das sonst ja nicht richtig.

Ich maule. „Könntest ruhig auch mal mithelfen statt immer im Weg rumzuliegen Du faule Katze!“

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„Hä, wer ich? Hat die etwa mit mir gesprochen? Ja die macht doch selber nix, hat da nur so einen komischen schwarzen Kasten in der Hand, aus dem immer mal wieder ein schwarzer Rüssel mit so einem großen Glasauge rausfährt. Da drückt sie dann alle 2 Minuten drauf und ’s macht klick. Muss ich mal abchecken! “

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Die ersten Oliven purzeln, nach anderthalb Stunden haben wir den ersten Baum geleert.

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Da wir erst am überübernächsten Tag einen Termin in der Mühle bekommen, müssen wir die Oliven nun kühl und dunkel in unserem maroden Schuppen lagern. Ein paar Sonnenstrahlen schaffen es durch die Löcher in der Wand.

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2 Tage und 4 lahme Arme später fahren wir unsere Beute zur kleinen Mühle unten im Tal. Es sind leider nur 12 Kisten geworden, genau genommen 247kg. Da hatten wir uns mehr erwartet! Aber die letzten Bäume sind recht alt und tragen nicht mehr so üppig. Egal. Ab ins Giuseppemobil damit und zum Frantoio gerumpelt.

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Dort wird alles gewogen, gereinigt und vorbereitet. Die Oliven werden gepresst und dann zentrifugiert (Wasser und Öl werden hierdurch getrennt). Und dann ist der Moment da – bestes, natives, ungefiltertes und kaltgepresstes Öl läuft in eine Edelstahlwanne und von dort in unseren mitgebrachten Behälter. Welche Farbe hat es, grasgrün??? Goldgelb?? Wieviel ist es geworden, welche Ergiebigkeit (=resa) haben 100kg dieses Jahr? Nur 8,7kg Öl (ja, das wird tatsächlich bei der Ausbeute in Kilogramm angegeben) pro 100kg sind es geworden, das ist wenig! Genaugenommen fahren wir also mit schlappen 21 Litern Olivenöl zurück, wir hatten auch schon einmal über 400kg und 55l. Aber egal! Der Geschmack zählt.
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Also schnell heim! Ein wenig abfüllen – wie ist die Farbe? Ja! Leuchtend grün – das passt! Lässt auf einen grasigeren, pfeffrigen Geschmack schliessen – also schnell in die Küche damit und ab auf’s Brot. Mit grobem Meersalz! Nothing else…

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Der alte Besserwisser ist natürlich auch gleich da: „Is‘ janz jut jeworden wa‘? Habt’a mia zu vadanken, ha’ick schon jut gemacht, die janze Koordination un‘ so…wa?!“

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So! Und zu Mittag schlemmen wir – Der Tag des neuen Olivenöls! Il giorno dell’olio nuovo!!! Man bleibt zu Hause und futtert sich in allen Varianten damit durch. Zuerst Tomaten vom Nachbarn, Büffelmozzarella, dazu duftendes Weissbrot, grobes Meersalz und alles mit einem Topping aus grünem Gold!

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Ja, also Schatz-Hase, so mein schüchterner Gedanke… ächem – ich bin ja jetzt eigentlich schon satt! Nix da, sagt Giuseppe mein Kochmonster – das ist nun wirklich nicht drin am NeuenOlivenölTag!  Jetzt gibt’s noch frische Pasta von unserer Lieblingspastamanufaktur Spinosi, dazu frische Vongole und Garnelen vom Fischhändler unten im Dorf, das Ganze zum Schluss beträufelt mit etwas Öl. Also: Rachen, Willen und Magen weeeeit auf!

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Mmmmh, geht auch noch rein. Ziemlich locker sogar 🙂 …

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Ein schöner und befriedigender Tag neigt sich seinem Ende zu. Wir haben hart geschuftet und gut geschlemmt. Alles richtig gemacht und erneut weiß man mal wieder, wo gute Lebensmittel herkommen und wie viel Arbeit sie machen. Und das lässt uns unser Essen wiederum besonders schätzen und genießen! Und während der Nebel durch das Tal zu uns auf den Hügel kriecht,

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zünden wir den Kamin an, schenken uns ein gutes Glas Wein ein, lehnen uns zurück und sind schlicht und einfach eins mit uns, der Welt und unserem Muskelkater! Buona notte cari amici…
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