Sepia fischen mit Paolo

Sepia fischen mit Paolo war ein lang gehegter Traum von mir. Er meinte er lässt mich wissen, wenn es soweit ist und nimmt mich gerne mit. Als Milena, seine Frau (die von der Fischbox) meinte es gehe morgen los, bin ich ganz Feuer und Flamme. Eigentlich wollten wir dies zusammen mit unseren Freunden Peter und Dagmar erleben, aber leider haben wir es zeitlich nie hinbekommen. Giuseppina darf leider auch nicht mit, da auf dem Boot kein Platz für 3 ist. Also gehen die Männer auf Jagd.

Sepia, also Tintenfisch und italienisch sepia (Mehrzahl seppie) werden in Reusen gefangen, die über Nacht ausgebracht wurden. Da hab ich unendliches Glück, denn normalerweise steht Paolo um 2:00 Uhr auf und ist dann mal weg. Ich muss erst um 7:30 parat stehen. Also geht´s für mich pünktlich um 7:00h los. Ein ganz herrlicher Tag. Icke freu mir!

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Das ist Milenas Fischbox, wo wir verabredet sind. Ich bin da und wo ist Paolo???  Na gut – ich warte. Hätte ich mir ja denken können…

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Als Paolo kommt, gehen wir wohin? Na logisch: Natürlich geht nichts über einen Kaffee, also caffè und somit Espresso in der Bar. Jeder hat so seine Stammbar und in seiner war ich noch nicht. Jeder kennt sich, quatscht sich schnell ein bisschen Müll an den Kopf, es wird gelacht und schon sind wir wieder draußen und schon fast am Boot.

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Paolo ist eigentlich immer alleine unterwegs. Manchmal kommt sein Sohn Andrea mit, aber ansonsten liebt er seine Ruhe, Freiheit und vor allem das Meer. Er kann ohne Meer nicht. Wenn Milena und er einige Tage frei haben und verreisen, dann muss das Meer immer in Reichweite sein. Schon sein Vater war Fischer und er kann sich nichts Schöneres vorstellen. Doch es ist wirklich ein harter Knochenjob und nichts für Weicheier. Mit Romantik hat das wenig zu tun.

Paolo macht sich erst einmal fertig. Ohne die festgeklebten Socken würde er es nicht lange in seinen Gummistiefeln aushalten und alles wäre aufgeschürft. Kommt gut in Verbindung mit Salzwasser erklärt er mir.

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Ich hab Flip-Flops an. Und natürlich ein weißes T-shirt. Chic auf dem Boot sein. Anfängerfehler und nicht mitgedacht. Das war mir dann doch subitissimo klar und das werde ich noch büßen müssen. Landratte eben.

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Aber ich darf dann schon mal auf’s Boot. Paolo braucht keine Hilfe und ich halte den Rand. Er ist der Boss.

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Bei den Gerätschaften kann man auch was Größeres an den Haken bekommen.

Wir legen ab.

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Es ist ein Traumtag und es ist eigentlich nicht wirklich Sepia-Zeit. Die Fische, Kopffüßler und Krustentiere sind Wandertiere und haben ihren eigenen Rhythmus. Die beste Zeit um Sepia zu fischen ist ab Februar. Es ist aber nicht Februar. Was soll’s!  Mein erstes Mal – dann doch lieber in Flip-Flops als in Arktismontur. Super schönes Wetter, die Küste im Blick und wir fahren einige Kilometer raus auf’s Meer.

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Paolo kennt sich hier aus und brettert zielgenau auf seine Reusen zu. Icke seh‘ nüscht.

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Hier liegen sie und Paolo macht sich auch gleich ans Werk. Die ersten drei sind leer. Das fängt ja suuuuper an. Helfen darf ich auch nichts und Kommunikation wird wie gesagt völlig überschätzt. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold! Könnte von ihm sein.

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Und da ist sie, die erste Sepia meines Lebens. Munter zappelt sie auf dem Schiffsboden herum und landet dann in einem Eimer.

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Dort versprühen viele noch Ihre Tinte, die sie ganz instinktiv als Gegenwaffe einsetzen, um dann in der Tintenwolke zu verschwinden. Und schwups auf’s WEISSE T-shirt. Und Sepiatinte geht mit nichts auf der Welt wieder raus. Bravo! Und ich weiß genau was Giuseppina sagen wird :-(… Und am Bein hab ich sie auch.

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Das hier sind übrigens Sepiaeier, die in einer der Reusen lagen.

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Ich werfe sie brav wieder ins Meer. Ob da allerdings gleich ein Hai vorbeischwimmt und es sich munden lässt, weiß natürlich niemand. Und wenn dann war es nur ein ganz kleiner Hai – mehr gibt es hier nicht. Zum Glück.

Beifang gibt es natürlich auch und die gehen dann später auch in den Verkauf.

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Plötzlich kommt ein anderes Boot herangefahren. Sie kennen sich und halten einen kleinen Schwatz über Schwärme, die besten Fanggründe, Delfine, die die Netze zerstört haben, diese Bastardi, und was es heute zu essen geben soll. Viel bekomme ich allerdings nicht mit, denn man setze einen Hamburger mal in Tigerfeld (auf der schwäbischen Alb) aus – der versteht auch nichts.

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So spiele ich noch ne Runde mit meinem neuen Freund dem Seepferchen, bevor ich es wieder in die Freiheit entlasse. Süßer Kerl!

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Und dann kommt auch noch ein Schwarm Alici also Sardellen vorbei. Es ist nämlich Sardellenzeit. Also da hätten wir was fischen können sag ich euch. Aber die haben heute Glück und nichts zu befürchten. Hier ist echt was geboten auf dem Meer.

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Es dauert ungefähr 2,5 Stunden bis wir alle seine 180 Reusen abgefahren sind und es ist, mit Verlaub, viel weniger spektakulär als ich es erwartet hatte. Ist ja auch kaum was in den Reusen. Im Februar, sagt Paolo, sind die voll.

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Wir haben 2 Eimer voll gefangen. Paolo macht die Sepia direkt am Strand sauber und entnimmt ihnen die Tintenblase. Die ersten Käufer sind auch schon am Strand um die Waren direkt zu kaufen. Hier geht’s zu wie auf dem Basar und ich muss immer erklären wo wir waren und wie es läuft und wer ich bin und was wir morgen fangen und und und.

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Auch hier werden die Sepia ohne Tinte verkauft oder man muss sie vorbestellen. Denn normalerweise geht die Tinte an die Restaurants. Ich kriege später aber 2 Tintenblasen, damit wir uns was Tolles kochen können.

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Die Ausbeute ist mager. Circa 20 kg Sepia und sehr viel Arbeit. Ob da der Sprit fürs Boot schon drin ist weiß keiner, aber es gibt eben auch solche Tage. Fischen ist wie Roulette. Mal läuft’s und manchmal nicht.

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Die restliche Mannschaft ist am Netze flicken. Paolos Vater ist auch mit dabei (sitzt), sowie sein Sohn (am Netz) und noch ein paar Jungs. Die haben Spass mit mir und ich versteh wieder nur die Hälfte. Hart ist das Leben als Straniero, aber einem aus Mailand geht es zum Glück nicht viel besser.

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Stolz präsentiere ich Milena unseren Fang und die Tintenblasen, die direkt ins Kühlhaus wandern. Paolo füllt mir noch eine Tüte voll Sepia und verabschiedet sich da er wieder weiter muss. „Alla prossima“ hör ich ihn noch rufen und fort ist er. Und ich fahr stolz und tintenverspritzt mit dem Giuseppemobil heim zur Giusepia und koche uns das hier:

Weiße Creme-Polenta mit schwarzer Seppia

Buon Appetito ragazzi. Den Giuseppes schmeckt’s und so frisch werden wir die wohl nie wieder bekommen.

E A TE PAOLO: GRAZIE INFINITE DI AVER DIVISO IL TUO TEMPO CON ME E DI AVERMI PORTATO SUL TUO MARE!! NON LO DIMENTICHERÒ MAI…